Aufbruch – Leipzig zum 200. Geburtstag von Karl Marx

„Sein Name wird durch die Jahrhunderte fortleben und so auch sein Werk.“

Am 5. Mai 2018 erinnerten sich selbst diejenigen an Karl Marx, die ihn überhaupt nicht  mögen, weil er den Ausgebeuteten und Unterdrückten den Weg gezeigt hat, auf dem sie sich selbst befreien können. Es war sein 200. Geburtstag. Für alle Linken und alle aufrechten Menschen war dies ein Grund zum Feiern. In Leipzig reichen die Spuren von Marx geschichtlich weit zurück. Am 11. September 1867 lieferte die Leipziger Druckerei Otto Wigand die ersten Exemplare von Band 1 des „Kapital“ aus. Das wissenschaftliche Hauptwerk von Karl Marx kostete damals drei Thaler und zehn Neugroschen. Eine Gedenktafel am Roßplatz erinnert daran. Marx besuchte auch die Familie Wilhelm Liebknecht in Leipzig und wohnte mit seiner Tochter Eleanor vom 22. bis 24. September 1874 im Hotel Hochstein am Bayrischen Bahnhof.
Für Leipzig galt: Marx an die Universitäten. Das war eine Lehre aus der Geschichte des deutschen Imperialismus, der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und eine logische Konsequenz aus dem Aufbau des Sozialismus. Anlässlich der 135. Wiederkehr seines Geburtstages wurde auf einen Antrag der FDJ und des Senats der Universität vom 13. Februar 1953 an die Regierung der DDR hin der Universität Leipzig am 5. Mai 1953 der Name “Karl-Marx” verliehen. Eine von der Regierung gestiftete Karl-Marx-Büste wurde in einer Feierstunde im Rektorat enthüllt.

"Aurfbruch"
„Aurfbruch“

Ab 1973 symbolisierte das Bronzerelief „Aufbruch“, das für den Universitätsneubau geschaffen wurde, den fortschrittlichen und internationalistischen Charakter der Universität. Die bundesdeutschen Anschlußfachleute versuchten nach dem 3. Oktober 1990 alles, um den Namen Karl Marx möglichst schnell aus dem Gedächtnis der Bevölkerung zu streichen. Aus der Karl-Marx-Universität wurde wieder die Universität Leipzig, und der Karl-Marx-Platz, an dem die Universität ihren Hauptstandort hat, hieß wieder Augustusplatz. Trotz heftiger Bemühungen ist es den Marx-Vernichtern nicht gelungen, das Marx-Relief zu zerstören. Die Gegenwehr war heftig, auch und gerade aus der Universität heraus. Im Zuge des geplanten Universitäts-Neubaus und dem damit verbundenen Abriss der bisherigen Gebäude konnte und musste das Marx-Relief entfernt werden. Vorreiter und Einpeitscher der Vernichtung des Marx-Reliefs waren Erich Loest, Leipzigs Ehrenbürger, der vor allem vom Ex-Pfarrer der Nikolaikirche, Christian Führer, dem Thomaskirchenpfarrer, Christian Wolff, dem CDU-Chef Leipzigs, Herrmann Winkler, und den sächsischen SPD-Bundestagsabgeordneten Weißgerber und Fornahl sowie vom Oberbürgermeister der Stadt, Burkhard Jung (SPD), der gegenwärtig dabei ist, sich seiner politischen Verantwortung zu entziehen, assistiert wurde.
Gegen alle verbalen Attacken blieben der aus den alten Bundesländern gekommene Rektor Prof. Dr. Häuser und auch die meisten Senatoren standhaft und beschlossen, das Marx-Relief wieder auf dem Gelände der Universität aufzustellen. Rückendeckung bekamen Rektor und Senat von der Wissenschaftsministerin Sachsens Eva-Maria Stange und dem Studentenrat der Uni. Da keine Mehrheiten für einen Standort in der Innenstadt in der Nähe des neuen Universitätskomplexes zu erreichen waren, fiel die Entscheidung durch den Senat der Universität, das Relief auf dem Gelände der 1990/91 abgewickelten Deutschen Hochschule für Körperkultur zu platzieren, der jetzigen Fakultät für Sportwissenschaft, das nun Uni-Campus oder Sport-Campus an der Jahnallee genannt wird. Am 17.Oktober 2008 wurde das Marx-Relief auf dem Sport-Campus u. a. mit den Worten von Prof. Dr. Häuser übergeben: „Die Universität bekennt sich zu ihrer Geschichte und stellt das Marx-Relief wieder auf. (…) Das Kunstwerk ist ein zeitgeschichtliches Zeugnis, mit dem man sich aktiv auseinander setzen muss.“


Eben an diesem Platz haben sich in Würdigung des Wissenschaftlers und Revolutionärs Karl Marx, dessen Anschauungen und Ideen aktueller denn je sind, der nicht nur erkannt hatte, dass die Welt zu verändern ist, sondern dafür die entscheidenden weltanschaulichen Voraussetzungen geschaffen hat und immer an der Seite der Unterdrückten stand, circa 30 Marxisten aus dem Kreis der Partei Die Linke, der Deutschen Kommunistischen Partei, der Freien Deutschen Jugend und des Rotfuchs Fördervereins zusammengefunden.

Der Sozialismus ist eine Baustelle...
Der Sozialismus ist eine Baustelle – es gibt immer etwas zu tun.

Das Baugeschehen vor dem Marx-Relief und der Bauzaun konnte sie nicht davon abhalten, rote Nelken und rote Rosen zu Ehren von Marx direkt vor Ort abzulegen. Professor Dr. Ekkehard Lieberam, Vorsitzender des Marxistischen Forums Sachsen, hielt eine beeindruckende Rede zu Ehren von Karl Marx, die wir hier mit seiner Genehmigung veröffentlichen.

Er schloss mit dem Satz des kürzlich verstorbenen Marxisten Elmar Altvater: „Die Marxsche Theorie ist lebendig, wenn sie praktiziert wird … sie würde sterben, wenn sie in blauen Bänden in Bücherregalen verstaubt.“
Marco Götze vom Stadtvorstand Der Linken in Leipzig ergriff ebenfalls das Wort und informierte über das erfolgreiche politische Engagement der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, damit demnächst eine aktuelle, durch Spendengelder finanzierte, Haus- und Gedenktafel an den Druck des „Kapital“ von Karl Marx in Leipzig erinnert. Ein Vorhaben, bei dem insbesondere die Fraktion der CDU eine ausgesprochen dümmliche und unrühmliche Rolle spielte.

Natürlich wurde auch auf Marx‘ 200. angestoßen!
Natürlich wurde auch auf Marx‘ 200. angestoßen!

Die sportwissenschaftliche Fakultät, aber nicht nur sie, sondern alle auf dem Gelände beheimaten Fakultäten der Universität leiden offensichtlich unter einem großen Gedächtnisverlust, denn Karl Marx schien weder die Studenten noch den Lehrkörper zu interessieren. Man darf bezweifeln, ob ihnen überhaupt bekannt ist, dass das Marx-Relief „Aufbruch“ direkt vor ihrer Nase steht.

Sportfest
Sportfest

Nun hatte Marx auch viel Humor. Sich auf diesen beziehend waren die Teilnehmer der kleinen Kundgebung hocherfreut, dass die Fakultäten doch wenigstens ein Sportfest anlässlich des Marx-Jubiläums organisiert hatten, an dem sogar die DKP beteiligt war. Am 5. Mai 1953 zum 135. fanden nachmittags ebenfalls sportliche Veranstaltungen in der Universität statt. Zumindest dies ist traditionsbewusst und lässt hoffen.

Professor Dr. Ekkehard Lieberam: Rede zu Ehren von Karl Marx