Wer Hitler wählt – wählt den Krieg!

Ernst Thälmann zum 135.

Am 16. April ehrten aus Anlaß seines 135. Geburtstages Antifaschisten, Sozialisten, Kommunisten, Gewerkschafter und andere humanistisch gesinnte Menschen den mutigen Vorkämpfer gegen Faschismus und Krieg – Ernst Thälmann. „Symbol des großen Friedens unter den befreiten Völkern und der brüderlichen Internationale der ganzen Welt“ – so begrüßte Romain Rolland den von den Faschisten am 3. März 1933 – zwei Tage vor der Reichstagswahl – eingekerkerten Thälmann, der in der Nacht vom 17. zum 18. August 1944 nach mehr als 11 jähriger Haft ohne Gerichtsverfahren von einem SS Kommando im Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurde. Das geschah auf Hitlers Befehl, den der Reichsführer SS Himmler am 14. August 1944 in einer Aktennotiz festgehalten hat: „Thälmann ist zu exekutieren“.

Die Stadt Leipzig, die sich immer wieder gern als „Heldenstadt“ schmeichelt, hielt es schon vor längerer Zeit für angebracht, den Antikommunismus durch das „Vergessen-machen“ kommunistischer Traditionen und ihrer Persönlichkeiten, zu denen Ernst Thälmann gehört, zu ergänzen. Das geschieht selektiv und hängt auch vom jeweiligen öffentlichen Widerstand ab. Versucht wird es immer wieder. Der langjährige Vorsitzende der Deutschen Kommunistischen Partei Herbert Mies hat die Beweggründe für ein solches Tun in die Worte gefasst: „Die ständigen Versuche die Thälmann-Gedenkstätten zu schließen“ – in Ziegenhals ist es trotz starken Protestes gelungen – „und das KPD-Verbotsurteil aufrecht zu halten, haben das gemeinsam: Mit beiden soll die Erinnerung an einen revolutionären Gesellschaftskampf und Klassenkampf für die deutsche Geschichte, ihre Vergangenheit, Gegenwart und sicherlich auch ihre Zukunft verbannt werden. So wäre dann eine Vernachlässigung der revolutionären Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung eine Preisgabe unserer Zukunftspotenzen und eines demokratischen Fortschritts für unser Land.“

Ernst Thälmann war für die KPD schlechthin der populäre Arbeiterführer. Man hörte das gute Herz aus seinen Worten. Er wusste, was die Arbeiter dachten und fühlten. Thälmann wurde zum Sinnbild einer revolutionären, antifaschistischen Vergangenheit. Durch seine revolutionäre Überzeugung, seinen vorbildlichen Klassenkampf sowie sein Image als Volkstribun, der menschliche Stärken und Schwächen hat, wurde er zu einer nationalen und internationalen Persönlichkeit. Ein parteipolitischer Sektierer war der Kommunist und Gewerkschafter Ernst Thälmann, genannt Teddy, nicht. Mit großem Nachdruck, darin eingeschlossen die Suche nach der richtigen Taktik, was noch niemals ohne innerparteiliche Kontroversen und blaue Flecken abgegangen ist, verfochten er und seine Genossen den festen Zusammenschluss aller Werktätigen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, in einer Einheitsfront gegen die Monopole und nicht zuletzt gegen deren aggressivste Schergen, die Hitlerfaschisten.

In unserer Stadt wurden die Spuren der Erinnerung an den führenden Funktionär der KPD fast gänzlich getilgt. Hat man Thälmann erneut exekutiert? Die Ernst- Thälmann-Straße erhielt 1991 auf Beschluß des Stadtrates nach 46 Jahren wieder ihren alten Namen „Eisenbahnstraße“. Der Ernst-Thälmann-Platz wurde nach heftigen Debatten nicht nur im Stadtrat auf Betreiben der Fraktion die Grünen mit Beschluß vom 14.12.2011 gegen die Stimmen der Linken rückbenannt in Volksmarsdorfer Markt. Wer aber sollte wirklich getroffen werden? Die DDR, die es ohne die SED, hervorgegangen aus den Schrecken des Krieges, nicht gegeben hätte. Vor 1933 war der Volksmarsdorfer Markt die Stätte gewaltiger Kundgebungen der Kommunistischen  Partei und des Roten Frontkämpferbundes. Am 9. April 1932 sprach Ernst Thälmann aus Anlaß der Reichstagswahl auf diesem Platz zu den Leipziger Arbeitern. Daran erinnert zumindest auch heute noch eine Gedenktafel, deren Vorgänger am 16. August 1954 anlässlich des 10. Jahrestages der Ermordung Ernst Thälmanns enthüllt wurde. Wie politisch naiv oder abgebrüht muß man sein, wenn man die Streichung des Namens Ernst Thälmann fordert, dessen Mörder von den BRD- Gerichten nicht verurteilt wurden. Was die Fraktion der Grünen als Antrag vorbrachte ging am Kern der Sache völlig vorbei. Da hilft auch keine noch so große Beteuerung differenzierter Geschichtsbetrachtung. Denn: „Schon die Nazis wussten,“ führte Rechtsanwalt Heinrich Hannover in seinem Plädoyer im Mordprozess Ernst Thälmann am 24. 4. 1986 aus, „dass das kollektive Gedächtnis der Arbeiterbewegung ein wesentlicher Bestandteil von Klassenbewusstsein ist, und sie begannen deshalb frühzeitig, das kollektive Gedächtnis an den kommunistischen Arbeiterführer Thälmann auszulöschen.“

Aus dem Mariannenpark verschwand Anfang der 90iger Jahre Ernst Thälmann aus dem Ehrenhain. Am Volkshaus (Gewerkschaftshaus) erinnert nichts mehr an Ernst Thälmann, obwohl es einmal seinen Namen getragen hat. In diesem Haus, das auch das 1907 gegründete Arbeiter-Bildungs-Institut (ABI) beherbergte, sprachen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, war auch Lenin zu Gast. Vom 30. November bis zum 6. Dezember 1919 fand hier der außerordentliche Parteitag der USPD statt mit Ernst Thälmann, Wilhelm Koenen u.a. Am 28. Januar 1923  führte die KPD an diesem Ort ihren VII. Parteitag durch. Wilhelm Pieck, Clara Zetkin, Ernst Thälmann, Walter Ulbricht nahmen teil. Thälmann und Ulbricht wurden auf diesem Parteitag in das Zentralkomitee gewählt. Es gibt viele Orte, an denen Ernst Thälmann in Leipzig seine Spuren hinterlassen hat. In der Kongresshalle am 14.12.1929 anlässlich einer Großkundgebung der KPD zum Youngplan, auf dem Karl-Marx-Platz (Augustusplatz) am 18. und 19. August zum Mitteldeutschen Treffen des RFB, am 21. April 1930 zum V. Reichsjugendtag des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands. Im Krystallpalst Wintergartenstraße 17/19 sprach Thälmann Ende März 1932 auf dem 2. Bezirksparteitag Sachsen der KPD. Vom 16. bis 17. Februar 1929 nahm Thälmann am außerordentlichen Parteitag der KPD-Westsachsen in der damaligen Gaststätte „Goldene Krone“, Knoppestraße 27/29 teil. Der 21. April 1930 führte Thälmann zum V. Reichsjugendtag des KJVD auf dem Georgie-Dimitroff-Platz (damals Reichsgerichtsplatz). Im Anschluss an eine Antikriegskundgebung des mitteldeutschen Proletariats  am 2. August 1925 auf dem Augustusplatz zog ein gewaltiger Demonstrationszug mit Ernst Thälmann an der Spitze zum Georg-Schwarz-Sportpark (Gemeindesportpark Leutzsch), wo Thälmann noch einmal das Wort ergriff. Im Felsenkeller , der Versammlungsstätte der Leipziger Arbeiter, besonders der westlichen Vororte, sprach Ernst Thälmann am 25. Oktober 1926 und am 19. Juni 1930 auf Wahlkampfkundgebungen der KPD zu den sächsischen Landtagswahlen. In der William-Zipperer-Straße 111, im „Schwarzen Jäger“, während des Kapp-Putsches Stützpunkt und Waffenausgabestelle für die kämpfenden Arbeiter der westlichen Vororte, sprach Thälmann am 17. März 1925 zur Reichspräsidentenwahl.

Ernst Thälmann wie jeder andere Funktionär der proletarischen revolutionären Partei kann nur aus deren Zielstellung und ihrer Umsetzung im Klassenkampf verstanden werden. Thälmann stand in seiner unermüdlichen Überzeugungsarbeit oft in Widersprüchen zu Aufgaben, die er zu lösen hatte. „Es gilt zu begreifen“, schrieb er, „dass man nicht siegen kann, wenn man nicht gelernt hat, die Vergangenheit zu verstehen.“ Im  faschistischen Kerker notierte er: „Politik ist die in der Gegenwart  sich vollziehende Geschichte. Man muss dem Wesen der Geschichte nahezukommen versuchen, wenn man das Wesen der Politik verstehen will.“ In seinem Denken und Handeln war Ernst Thälmann zutiefst geschichtsbewusst. Zeit seines Lebens hat er gegen imperialistisches Unrecht, gegen die Diktaturbestrebungen des Hauptfeindes der deutschen Arbeiterklasse, der Monopolbourgeoisie, gekämpft. Im Gegensatz zur rechten Sozialdemokratie war Thälmann nie bereit, offen reaktionäre, antidemokratische Kräfte und Notstandsregims hinzunehmen oder nach dem „gemeinsamen Nenner“ des „kleineren Übels“ zu suchen: 1932 stellte die KPD fest, wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, und wer Hitler wählt, wählt den Krieg. Das Handeln Ernst Thälmanns war getragen von den Prinzipien des proletarischen Internationalismus, des einzig konsequenten Internationalismus. Er distanzierte sich weder von der Komintern noch von der Sowjetunion. Er vertraute auf die Besiegbarkeit des Hitlerfaschismus, weil er der Sowjetunion und der Roten Armee vertraute – weil er Stalin vertraute: „Stalin bricht Hitler das Genick“. Welche andere Sicht war in der damaligen Situation in der Kernfrage Faschismus-Antifaschismus für Revolutionäre auch sonst möglich? Keine! „Es war der Fakt“, sagt Walter Markov in seinem Interview „Zwiesprache mit dem Jahrhundert“, „dass ‚Nummer eins‘ die derzeitige historische Aufgabe in der Tat erfüllt hatte.“

„Thälmann ist niemals gefallen“ – lassen wir anderes zu, verfehlen wir unseren Klassenauftrag. Der Klassenkampf setzt sich fort, weil er, nicht einmal an faktische Kampfhandlungen gebunden, schon in der Eigentumsfrage angelegt ist. Er verschärft sich durch die pandemische Deckelung der Widersprüche, die die herrschende Klasse nutzt, um in bisher nicht gekannten Ausmaß in grundlegende Freiheitsrechte einzugreifen. Es findet ein Umbau des bürgerlichen Staates statt, der die Tendenzen zur Reaktion verstärkt und ungehemmter hervortreten lässt.

Mit den immer unverschämteren Vorstößen zum Abbau der Rechte der Werktätigen öffnet sich das Ventil imperialistischer Politik, vor allem der USA und der NATO mit dem deutschen Imperialismus als einer keineswegs ablehnend beteiligten Macht, immer weiter nach außen. Bedrohungslügen müssen erneut herhalten. Russland und die Volksrepublik China stehen im Mittelpunkt. Durchsichtig ist diese imperialistische Methode der psychologischen Kriegsvorbereitung, die bereits an die faschistische Propaganda erinnert. Schon einmal hat sie die Völker in den Ruin geführt.

Die Frage der Systemüberlegenheit wird stets von Neuem beantwortet. Die Systemfrage ist weltweit wieder aktuell. Die Kriegsgefahr ist enorm gewachsen. Fahren wir also damit fort, den deutschen Imperialismus als das zu brandmarken, was er ist: friedensunfähig – nach außen wie nach innen. Zum Vermächtnis Thälmanns gehört für uns der Widerstand gegen die imperialistische Sanktionspolitik, der Politik des Aushungerns und der Kriegsdrohungen insbesondere gegen die Hauptkonkurrenten Russland und die Volksrepublik China, die zugleich Systemkonkurrent ist. Der bis heute skurrilsten und gefährlichsten Minderheit des Kontinents – der Monopolbourgeoisie und ihrer Handlanger – gehört endlich das Handwerk gelegt. Gegenmacht ist nötig. Das heißt mit Thälmann auch, der Arbeiterklasse ihr proletarisches Machtbewusstsein wiedergeben.